Langwieder Heide

Fotoprojekt unter der Mentorschaft von Gérard Pleynet (2016 - 2019)

Erster Teil: Meine Langwieder Heide (2016-2017)

Aufgabe

Fotografische Erarbeitung meines persönlichen Bezuges zur Langwieder Heide und der baulichen Entwicklung in ihrer unmittelbarer Umgebung.

Motivation

Als ich mit meiner Familie vor einigen Jahren aus einer städtischen Umgebung in den Stadtrand Münchens zog, änderte sich mein Bezug zu meinem Wohnumfeld drastisch. Während ich in der Stadtmitte die vielen Einkaufsmöglichkeiten, die Nähe zu Restaurants und Bars, die sehr gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz als hohe Lebensqualität auffasste, entdeckte ich in der neuen Umgebung viele Elemente wieder, die mich an die Umwelt erinnerten, in der ich als Kind und Jugendlicher aufwuchs. Damals unternahm ich auf eigene Faust Ausflüge in „wilde“, sich selbst überlassene Wälder, die noch in der Nachbarschaft unseres Wohnviertels existierten. Diese Nähe zur Natur habe ich in der Stadtmitte zwar nicht vermisst, doch entdeckte ich mit der benachtbarten Langwieder Heide wieder die Lust am Erkunden und Erforschen der wilden, (nahezu) menschenleeren und unberührten Natur.

Hintergrund

Die Langwieder Heide zählt dank ihrer besonderen Fauna und Flora zu den wertvollsten Magerrasenflächen in München. 1995 wurde das großflächige Kalkmagerrasengebiet Langwieder Heide per Stadtratsbeschluss geschützt (Quelle: Wikipedia). Doch seit wir hier wohnen, gibt es spürbare und sichtbare Veränderungen ihrer unmittelbaren Umgebung. Direkt auf der anderen Seite der Bahngleise, an die die Heide grenzt, baute die Firma Ganser Beton ein Zementwerk, die Paulaner Brauerei errichtete eine neue und moderne Produktionsstätte und die Abfallwirtschaftsbetriebe bauten den größten Werkstoffhof Münchens. All dies veränderte bereits zu dem Zeitpunkt des Projektbeginns den Charakter der Umgebung maßgeblich. Weil aber in München nicht nur Flächen für Wohnraum, sondern auch für die Gewerbegebiete fehlten, sollte in der Nähe der Heide in naher Zukunft ein 45 Hektar großes Areal für „klassische gewerbliche Nutzung“ entwickelt werden (Quelle: „Süddeutsche Zeitung“ vom 26. August 2015). Dabei war (und ist) die Langwieder Heide selbst keine 30 Hektar groß. Damit war zu befürchten, dass die Heide mehr und mehr zu einem Fremdkörper in der gewerblichen „Nutzungs“-Umgebung mutieren würde und ein wesentlicher Aspekt meiner neu entdeckten Lebensqualität leiden könnte.

Stilmittel

Der Aspekt der Dokumentation spielte in dem Projekt nur eine untergeordnete Rolle, ich habe vielmehr meine persönliche Sicht- und Empfindungsweise verarbeitet. Diese waren sehr ambivalent, denn ich empfand die Heide nicht unbedingt als „schön“, doch zeigte sie bei bestimmten Wetterverhältnissen wiederum ihre zum Teil spektakuläre Schönheit. Auf der anderen Seite konnte ich einen ästhetischen Reiz der kühlen Zweckarchitektur der neuen Gebäude durchaus erkennen und kaum widerstehen.

 

Zweiter Teil: Meine Langwieder Heide (2017)

Motivation

In diesem Teil ging es mir erneut um die Visualisierung der ambivalenten Gefühle und der Fragestellung, ob sich beide benachbarten und berührenden Universen (Langwieder Heide und Gewerbegebiet) getrennt gehalten werden konnten und ob die Langwieder Heide durch die Nachbarschaft ihren sehr eigenen Charakter verlieren würde.

Ging ich im ersten Teil des Projektes vorzugsweise analytisch und strukturiert vor, sollte der emotionale Aspekt in der Umsetzung deutlich mehr Gewicht erhalten. Das Konzept wurde nicht mehr als vorher festgelegten “Plan” strikt umgesetzt, sondern diente als Fundament und Orientierung für die Umsetzung. Die Ziele, die Bildsprache und die technischen Mittel wurden vor der Umsetzungsphase ermittelt, als Treiber für die Entstehungsphase der Bilder rückten dann aber Aspekte wie Emotionalität, Spontanität und Offenheit in den Vordergrund. Gut vorbereitet versetze ich mich “im Feld” in einen geeigneten Gemütszustand und ließ mich vom dem “Flow” treiben. So wie die Beherrschung der Kameratechnik eine Grundvoraussetzung für das Arbeiten ist und war, so war das Vorhandsein des Bewusstseins über des Konzept ebenfalls unabdingbar. In der Sichtung und dem Auswahlprozess konnte ich die Ergebnisse stets nach den Kriterien beurteilt, die ich vorher festgelegt hatte.

Ergebnis

Am Ende des zweiten Teils entschied ich mich für zwei Stellvertreterbilder, die meine Empfindungen für die zwei oben beschrieben Universen zeigten.

Heidelandschaft

Heidelandschaft

Paulaner Brauerei

Paulaner Brauerei

 

Bildmaterial (Auswahl)

 

Dritter Teil: Bedrohte Langwieder Heide (2017-2018)

Motivation

In den vorherigen Teilprojekten „Meine Langwiede Heide“ habe ich meine anfängliche ambivalente Sichtweise fotografisch erarbeitet: einerseits faszinierte mich die Heide mit ihrer zum Teil einmaligen Flora und Fauna, auf der anderen Seite übte die Zweckarchitektur der Gewerbebauten einen gewissen Reiz auf mich aus.

Doch 2017 wurde eine für mich „magische“ Grenze überschritten: südwestlich von der Mühlangerstraße ist eine neue Baustelle entstanden, die Bautätigkeiten rückten noch einmal näher an den geschützten Landschaftsabschnitt.

Laut einem Planentwurf zur Flächennutzungsplan-Änderung IV/25 der Stadt München vom 16.03.2017 sollte die Fläche südlich der Mühlangerstraße weiter als landwirtschaftliche Fläche genutzt werden. Auch wenn es dort keine Bebauung stattfinden sollte und die „Erdbewegungen“ zum Erhalt der landwirtschaftlichen Nutzung diente, beunruhigten mich die ständigen Bauaktivitäten zusehends und mein Unmut gegenüber der im Flächennutzungsplan aufgelisteten Veränderungen wuchs deutlich.

Ich befürchtete, dass nicht nur die Langwieder Heide, sondern auch das angrenzende Wohngebiet von diesen Veränderungen spürbar (negativ) betroffen werden würde.

 

Nachlese

2019 wurden alle Bauaktivitäten um den Werkstoff herum beendet und alles wieder in den vorherigen Zustand versetzt.

2019

2019

2020

2020